Über mich ...

Ich war etwa drei Jahre alt, als ich meine Großmutter fragte, wo Gott wohnt.

Sie antwortete: Gott ist überall, er ist Geist, Allgegenwart.

 

Ich weiß bis heute, dass diese Antwort mich beglückte und ich ganz zufrieden war, so als ob ein inneres Wissen belebt worden wäre. Vielleicht kann ein Kind dem inneren Verständnis oft näher sein, als wir das glauben: „ ...wenn ihr nicht werdet, wie diese Kinder...’’

Heute bin ich dankbar für die christliche Prägung meines Elternhauses, auch wenn sich natürlich die Sicht dieser Inhalte im Lauf der Jahre erheblich geweitet und vertieft hat. Aber ein Kind braucht Bilder und spürt in ihnen unmittelbarer viel mehr, als es später allmählich über Worte und Inhalte lernt.

 

Es folgten Jahre im CVJM mit einem Leiter, der uns damals begeistern konnte. Eine altersgemäße, emotionale Frömmigkeit, eingebunden in Kameradschaft, Lagerfeuer und Pfadfinder-Romantik.

 

Dann die vielleicht notwendige Verwerfung aller Kindlichkeit in der schwierigen Pubertät, die schließlich in eine tiefe Krise führte, die in eine brennende Sinnfrage mündete. In dieser Zeit erlernte ich eine Meditations-Technik, die Transzendentale Meditation (TM), die fast unmittelbar in eine tiefe Ruhe führte. Das öffnete das Herz und die Sinne in nie gekannter Intensität für die Schönheit der Natur, die ich bis dahin völlig ignoriert hatte. Gerade dieser Kontrast einer inneren Schönheit und Geborgenheit zu einem völlig unklaren äußeren Leben ließ die Krise richtig ausbrechen. Vielleicht waren die Drogenerfahrungen, die in den Jahren als neu und ‚bewusstseins-erweiternd’ angepriesen wurden und einen großen Teil der jungen Generation erfasst hatten, dabei auch maßgeblich beteiligt.

 

Aus dieser tiefen existenziellen Angst kam die Frage mit großer Deutlichkeit und Dringlichkeit auf: wenn die Hippiekultur, die Rockmusik und der hedonistische Lebensstil eine Sackgasse sind, wo ist dann der Sinn des Lebens? Unterschwellig waren da die gesunden, starken Empfindungen durch die Meditation richtungsweisend. Das war so anders und so viel echter, als alles, was ich mit meinen 18 Jahren bis dahin kennengelernt hatte!

 

Die Frage kam: gibt es einen Gott? Mir war sofort klar, dass Gott,

wenn es ihn gäbe, universell, also kultur- und religions-überschreitend sein müsste.

 

Ich fand daheim ein Buch von Helmut von Glasenapp, einem bekannten Religionswissenschaftler über die fünf Weltreligionen. Ich las dieses Werk mit großem Interesse, aber mit einem Blick, der vor allem nach den Gemeinsamkeiten suchte. Besonders die Meditation bekam mein Augenmerk und tatsächlich kristallisierte sich ganz allmählich, durch viele Zweifel hindurch eine Erkenntnis heraus, nämlich dass es tatsächlich einen gemeinsamen Nenner gab und gibt. Über viele Jahre verfolgte ich diese Spur, anfangs war es nur eine Ahnung, aber mehr und mehr fand ich es ganz überzeugend: es gibt und es gab immer lebendige Zeugen, die selbst eine innere Transformation erlebt hatten. Diese Menschen sprachen eine Sprache. Auch im 13. Jahrhundert, als es kaum Kommunikationswege zwischen Europa und Japan gab, findet man Aussagen von Meister Eckhard manchmal fast wörtlich bei Dogen (einem bekannten historischen Zen Meister) wieder, der etwa im gleichen Zeitraum lebte. Das schien sehr stark für die experimentelle Wissenschaft-lichkeit innerer Erfahrungen zu sprechen.

 

Das leuchtendste Beispiel für eine lebendige Universalität war und ist für mich Sri Ramana Maharshi, der mich durch sein Bild, seine Ausstrahlung, seinen Frieden und allmählich auch durch seine Lehre tief berührte und überzeugte.

 

Zudem vertiefte ich allmählich die praktische Forschung, die eigene Meditationspraxis. Ich besuchte Kurse, in denen es in geschütztem Rahmen möglich war, mehrere Stunden am Tag still zu werden und bekam langsam auch ein besseres Verständnis vermittelt.

 

Anfang der 70-er Jahre entschloss ich mich bei einem Besuch in Seelisberg, dort zu bleiben, um für einen Ausbildungskurs als TM-Lehrer zu arbeiten. Die Zeit in der Gemeinschaft mit jungen Menschen aus der ganzen Welt, die in froher Gestimmtheit miteinander lebten, war eine große Befreiung aus dem leidigen Schulalltag. Nach sechs Monaten begann der Kurs, den ich mit Hilfe meiner Eltern auf weitere sechs Monate ausdehnen konnte.

 

Die Erfahrung einer solchen Gnadenzeit ist nicht wirklich mitteilbar. Das tiefe Vertrauen in die heilende Kraft der Stille, die Geborgenheit und innere Sicherheit schenkte, waren für mein ganzes weiteres Leben prägend.

 

Unsere Ausbildung sollte in irgendeiner Form solch ein Bewusstsein für Stille fördern und nicht nur das Gedächtnis trainieren! Junge Menschen würden ein natürliches Gespür für die Schönheit, ja Heiligkeit des Lebens bekommen. Der Ausdruck von Christus: „Sucht zuerst das Königreich des Himmels und alles weitere folgt daraus organisch“ bekam eine leuchtende Bedeutung für mich.

 

Natürlich blieb die Klarheit, die Leichtigkeit anfangs nicht in dem Maß erhalten. Es war deutlich, dass diese innere Verfeinerung eine Festigung im täglichen Leben erforderte. Die Ausbildung zum Heilpraktiker und der Wechsel von der TM-Bewegung zu einem Lehrer, der mich auf dem inneren Weg persönlich anleiten konnte, waren die nächsten Schritte.

 

1980 eröffnete ich in Oberstaufen die Praxis, mittlerweile mit Frau und drei Kindern. Ich war dankbar für die freie Art der Arbeit, in der ich die Abstufung von körperlich orientierten Therapien bis hin zur Beratung und Anleitung in der Meditation entwickeln und weiter verfeinern konnte. Der Patient war immer auch Lehrer und viele Menschen kamen über Jahre hinweg zu mir als Vertrauensperson.

 

Bald begann ich Kurse anzubieten, zuerst Autogenes Training, da ich nicht sicher war, was von der Allgemeinheit am ehesten ange-nommen würde. Da ich aber von dieser mechanistischen und suggestiven Technik nicht überzeugt war, entwickelte ich bald eine eigene Form, die ich ‚Eutonie-Übung’ nannte, ein Begriff, den ich von Gerda Alexander übernahm, weil er am besten ausdrückt, was ich zu vermitteln suchte: durch systematisches Lauschen auf den Körper eine Tiefenentspannung, eine ‚Wohlspannung’ zu ermög-lichen.

 

Diese Kurse waren sehr beliebt und wurden zahlreich besucht. Ich habe einmal überschlagen, dass im Laufe der Jahre sicher fünfzehntausend Teilnehmer dabei waren. Bald kristallisierte sich auch ein Kern von jungen Menschen heraus, die sich besonders angesprochen fühlten. Wir erlebten Wochenendkurse miteinander und trafen uns regelmäßiger. Aus den Gesprächen entwickelte sich folgerichtig die Lehre: nicht meine Person war ‚der Lehrer’, wenngleich ich das funktional war und bin, sondern es entstand ‚Satsang’: im gegenseitigen Austausch und Tasten nach der Wahrheit formte sich eine eigene Sprache und Ausdrucksform durch

alle Beteiligten.

 

Dieser Freundeskreis entstand vor 30 Jahren und ist bis heute eine lebendige und kreative Lebensform. Heute sind diese Menschen dadurch verbunden, dass sie Spiritualität leben möchten. Neben dem wöchentlichen Satsang nimmt jeder an einer monatlichen Einkehr teil, einem seminar- ähnlichen Intensiv-Wochenende. Drei längere Einkehrzeiten sind angeboten: eine in Indien, wo wir ein Haus und Grundstück am Arunachala besitzen, eine in Sardinien in den Pfingstferien und eine im August auf einer Hütte. In seinem persönlichen Alltagsleben geht jeder diesen inneren Erkenntnissen nach. Man könnte diese ausgerichtete Lebensform als offenes Kloster bezeichnen. Eine Vielzahl von Übungsformen und ein großes Lernmaterial hat sich entwickelt. Es ist erstaunlich, wie schöpferisch Satsang ist: obwohl es meist bekannte Inhalte sind, erlebt jeder es als immer wieder frisch und belebend.

Buddha nannte drei Elemente seiner Lehre heilig: den Buddha, das Dharma und die Sangha. In unseren Fall bedeutet das, die Autorität des Lehrers anzuerkennen. Fern von jedem Persönlichkeitskult ähnelt dies dem Priesteramt. So wie ein Priester erlebt der Lehrer sich als Instrument und Sprachrohr von der größeren Kraft des Satsang. Dharma bedeutet die lebendige Lehre, die sich im Satsang, dem Zusammen-Sein gestaltet und immer wieder neu formt. Sangha ist die Gemeinschaft, die dafür offen ist, gemäß dem Christus-Wort: „Wo zwei oder drei in meinem Namen zusammen sind, da bin ich mitten unter ihnen.“

 

Als Lehrer nimmt man an den oft intensiven inneren Prozessen teil. Das führte ganz natürlich auch bei mir zu einem passenden Lebensstil. Seit Jahren lebe ich am Wochenende in der Natur, um mich auf allen Ebenen zu regenerieren und selbst zu leben, was dieser wunderbaren, aber sehr fordernden Lebensform entspricht. Bei meinem zweiten Lehrer, aber auch bei anderen (ich denke z.B. an Ajahn Chah) konnte ich beobachten, was geschieht, wenn dieser Ausgleich nicht mehr gefunden wurde. Chronische Leiden und frühzeitiger Tod waren die Folge. Außerdem wäre man schon vorher nicht mehr überzeugend. Der ganze innere Weg basiert auf der Sammlung, die gelebt werden möchte. Wenn die fehlt, nimmt die Qualität ab und oft geschah es, dass in der Folge die dunklen Seiten solcher Lehrer deutlich wurden und die ganze Gemeinschaft darunter zu leiden hatte.

 

In den letzten drei Jahren habe ich vier Monate pro Jahr in Indien gelebt.

Zeit für ‚Sadhana’, wie in Indien die spirituelle Praxis genannt wird, ist Zeit zu reifen, zu wachsen. Ananda Mayi Ma, eine der bedeutendsten Heiligen Indiens im letzten Jahrhundert, nannte Sadhana aus diesem Grund: ‚Sva'- ‚dana’ , d.h. Reichtum des Selbst.

 

Diese Webseite soll das Bewusstsein dafür wecken und fördern, dass die Qualität in unserem Leben ganz wesentlich von unserer inneren Verfassung abhängt und auch Interesse dafür wachrufen, das eigene Leben aktiv und selbstverantwortlich auf die große Wahrheit auszurichten, die allein auf Dauer unserem Leben Sinn und Tiefe schenken kann.