„Spekuliere oder theoretisiere nicht über Meditation. Und schreibe dir nicht fälschlich das Verständnis zu, welches du aus dieser Lektüre gewinnst, indem du irrtümlich meinst, dadurch wahres Verständnis über die Natur von Körper und Geist bekommen zu haben. Nur klare, direkte Einsicht, die von Achtsamkeit geleitet ist, die mit Weisheit untersucht und mit Sorgfalt in die Tat umgesetzt wird, kann die Wahrheit durchdringen."
Ajahn Maha Bua
„Ich rammte einen Pfahl tief in den Boden und hielt daran fest, gleich was auch geschah...“
Ajahn Maha Bua, (auch Boowa), hielt als Abt seines thailändischen Klosters regelmäßig kraftvolle Ansprachen, die seine Schüler zu Texten verarbeiteten. Sein autobiographischer Bericht
‚Arahatta-Magga’, der ‚Pfad zur Arhat-schaft’,(1) ist ein wertvolles Dokument eines entschlossenen, reifen Suchers von den ersten Anfängen bis zur völligen Erleuchtung. Mit unglaublichem Einsatz
aller Kräfte, aller Ausdauer beschritt er diesen Weg und entwickelte ihn bis zum höchsten Ziel.
Was ich an der Theravada Tradition immer bewundert habe, ist der systematische, praktische Pfad, der von den äußersten Bereichen der Sinne und des Körpers sich allmählich nach innen verlagert und zunehmend verfeinert und - wie gerade bei Ajahn Maha Bua deutlich wird – bis in die Bereiche des absoluten Gewahrseins führen kann, die oft im Theravada nicht ausdrücklich thematisiert werden.
Maha Buas Bericht beginnt damit, dass er nach anfänglichen konzentrierten Samadhi- Zuständen sich auf seinen Lorbeeren ausruhte und in der Folge nicht mehr in diese Sammlung finden konnte. Auch mit größtem Einsatz verkrampfte er sich nur noch mehr. Er sagte:
„Ich war gezwungen, meine Praxis ganz neu zu beginnen. Dieses Mal rammte ich einen Pfahl tief in den Boden und hielt daran fest, gleich was auch geschah. Dieser Pfahl war ‚Buddho’, die Vergegenwärtigung Buddhas. Ich machte das Meditationswort ‚Buddho’ zum einzigen Objekt meiner Aufmerksamkeit. Ich konzentrierte mich auf die innere Wiederholung von ‚Buddho’ und schloss alles übrige aus.“ ...
„Ernsthaft Meditation zu praktizieren, um alles Leid zu beenden, erfordert völlige Hingabe in jedem Stadium des Weges. Nichts weniger als völlige Hingabe wird erfolgreich sein. Um die tiefsten Ebenen von Samadhi zu erfahren und die tiefgründigsten Bereiche der Erkenntnis und Weisheit zu erlangen, kann man es sich nicht leisten, halbherzig und lustlos ans Werk zu gehen, indem man ständig schwankt, weil es an klaren Richtlinien fehlt, um die Übung anzuleiten. Meditierende, denen es an Eindeutigkeit gegenüber diesen Richtlinien fehlt, können ihr ganzes Leben vertun, ohne dass sie zu klaren Resultaten kommen. In den Anfangsstadien braucht man ein festes Meditationsthema, um den Geist richtig zu verankern. Fokussiert euch nicht halbherzig auf ein abstraktes Thema, zum Beispiel auf das Gewahrsein, das als die innerste Natur des Geistes immer gegenwärtig ist. Denn ohne ein konkretes Objekt, das der Aufmerksamkeit genug Halt bietet, wird es fast unmöglich sein, zu verhindern, dass die Aufmerksamkeit abschweift. Das wäre nur ein Rezept für Misserfolg. Dann würde man schließlich nur frustrieren und den Versuch aufgeben.“
Das sind kraftvolle und wahre Worte! So viele unklare Lehren von unausgereiften Möchte-gern–Lehrern werden da entwurzelt. Deshalb finde ich, wir sollten von Heiligen lernen, von lebenden Beispielen, Menschen, die den inneren Weg bis zur Reife beschritten haben. Statt eine bequeme Philosophie der Faulheit bieten sie die ‚Königliche Schlacht’, ein Ausdruck von Sri Ramana Maharshi, die den ganzen Menschen transformieren kann.
Ajahn Maha Bua sagt dazu:
„ Wir gestatten es ständig, das unser Bewusstsein erregt und verwirrt ist, eingezwängt in mentale Unreinheiten, die uns aus jeder Richtung befallen. Sie
überwältigen uns derart, dass wir es nie fertig bringen, uns aus diesem verunreinigenden Zustrom zu erheben, gleich wie sehr wir es auch versuchen mögen. Die große Mehrheit der Menschen ist nicht
einmal daran interessiert, dies zu versuchen: sie machen einfach die Augen zu und gestatten, dass die Angriffswelle sie überrollt.
Das einzige Gegenmittel ist ein einiger, unkomplizierter Bezugspunkt für die Aufmerksamkeit, wie ein Meditationswort oder der Atem. Wählt, was euch am geeignetsten scheint und fokussiert euch stetig darauf und schließt alles andere aus. Es ist essenziell, sich dieser Aufgabe vollkommen zu widmen.
Meine Wahl fiel auf die Meditation über ‚Buddho’. Von dem Zeitpunkt dieses Entschlusses an hielt ich meine Aufmerksamkeit davon ab, von der Wiederholung von ‚Buddho’ abzuschweifen. Ich zwang mich, vom Erwachen morgens bis zum Einschlafen nachts nur an ‚Buddho’ zu denken. Dadurch bekamen gleichzeitig die Gedanken über Fortschritt oder Rückschritt, die mich gequält hatten keine Nahrung mehr: Nahm meine Meditation einen Aufschwung, geschah das mit ‚Buddho’; ließ sie nach, geschah auch das mit ‚Buddho’. So war ‚Buddho’ in jedem Fall mein einziges Interesse, alles andere wurde irrelevant."
Sri Ramana hat interessanterweise einigen seiner besten Schülern anfangs dieses einzielige, konzentrierte Wiederholen aufgetragen. Muruganar, Viswanatha Swami wie auch Annamalai Swami wiederholten z.B. ‚Shiva’, durchaus ein Äquivalent zu Buddha in der advaitischen Tradition.
„Solch einzielige Konzentration aufrecht zu halten, ist keine leichte Aufgabe. Ich musste meinen Geist buchstäblich dazu zwingen, in jedem Augenblick mit ‚Buddho’ ohne Unterbrechung verbunden zu bleiben. Unabhängig davon, ob ich in der Meditation saß, Gehmeditation übte oder einfach meinen täglichen Pflichten nachging: das Wort ‚Buddho’ erklang tief in meinem Inneren zu allen Zeiten. Es war schon immer meine Art und mein Temperament, äußerst entschlossen und kompromisslos an alles heranzugehen. Diese Tendenz erwies sich hier als vorteilhaft. Zum Schluss war ich dieser Aufgabe derart hingegeben, dass nichts länger diese Verbindung erschüttern konnte. Kein flüchtiger Gedanke konnte meine Aufmerksamkeit mehr von ‚Buddho’ trennen.
Je länger ich ‚Buddho’ verinnerlichte, um so subtiler wurde das Citta (sprich Tschitta, bedeutet Bewusstsein), bis die Subtilität von ‚Buddho’ und die Subtilität von Citta ineinander schmolzen
und zu der gleichen essenziellen Erkenntnisqualität wurden. Von da an konnte ich ‚Buddho’ nicht mehr in mir erscheinen lassen, auch wenn ich es noch so sehr versuchte.
Alles, was da noch blieb, war die tiefe, subtile Erkenntnisfähigkeit von Citta, ein reines, einfaches Gewahrsein, licht und klar. In diesem Gewahrsein gab es
nichts Konkretes, an das man sich hätte halten können. Da ich so ‚Buddho’ verloren hatte, musste ich meine Aufmerksamkeit auf diese essenzielle Qualität des Gewahrseins und Erkennens richten, die
in diesem Moment allgegenwärtig und am deutlichsten war. Dieses Bewusstsein war nicht verschwunden, sondern war ganz im Gegenteil alldurchdringend.
So bekam meine tägliche Praxis bald einen neuen Rhythmus: Ich konzentrierte mich intensiv auf ‚Buddho’, bis das Bewusstsein sich in diesen klaren, strahlenden Zustand der essenziellen Natur des Gewahrseins auflöste und in dieser subtilen bewussten Gegenwart absorbiert blieb, bis das gewöhnliche Tagesbewusstsein zurückkehrte. Dann widmete ich mich mit frischer Kraft der Wiederholung von ‚Buddho’.
Zu dieser Zeit erlangte ich eine solide spirituelle Grundlage in meiner Meditationsübung. Von da an entwickelte sich die Praxis stetig weiter und es gab nie wieder Rückschritte. Täglich wurde mein Geist stiller, friedvoller und gesammelter. Daraus wurde mir schließlich klar, dass der eigentliche Grund für die vorherigen Schwankungen der Mangel an Achtsamkeit war, der zustande kam, weil ich meine Aufmerksamkeit nicht mit einem Meditationswort verankert hatte. Statt dessen hatte ich mich auf ein allgemeines Gefühl von innerem Gewahrsein ohne konkreten Bezugspunkt konzentriert, was es meinem Geist leicht machte, sich in Gedanken zu verlieren. ... Auf diesem festen Fundament konnten jetzt die innere Ruhe und die Sammlung so unerschütterlich werden, dass sie sich so solide und unnachgiebig anfühlten, wie ein Berg.
Schließlich wurde diese felsenfeste Verfassung des Geistes selbst der primäre Bezugspunkt für die Aufmerksamkeit. In dem Maße, wie diese innere Stabilität stetig ausreifte und anwuchs und so der Geist ein größeres Maß an Integration erlangte, verblasste das Meditationswort ‚Buddho’ (auch zwischen den Meditationssitzungen) und ließ das essenzielle Gewahrsein selbst deutlich hervortreten. Jetzt war der Geist zu Samadhi gereift – ein intensiver Zustand der Sammlung, der ein eigenes Leben, unabhängig von jeder Meditationstechnik gewann.
Wenn wir über die reiferen, tieferen Stadien der Meditationspraxis sprechen: es gibt einen grundlegenden Unterschied zwischen meditativer Ruhe und dem Samadhi. Meditative Ruhe heißt, dass der Geist sich sammelt und für eine gewisse Zeit in einen ruhigen, konzentrierten Zustand sinkt, ehe er wieder in die gewöhnliche Verfassung zurückkehrt. Die Ruhe und die Sammlung sind vorübergehende Zustände, (die an das Sitzen gebunden sind). Sobald das gewöhnliche Bewusstsein wiederkehrt, verblassen alle besonderen Ergebnisse der Meditation allmählich.
Wird der Meditierende aber erfahrener in dieser Praxis und erfährt diesen einigen Zustand im Wechsel mit dem gewöhnlichen Bewusstsein oft genug, entwickelt der
Geist allmählich eine feste innere Grundlage. Ist diese Basis in jeder Lebenslage unerschütterlich geworden, nennt man das kontinuierliches Samadhi. Dann fühlt sich der Geist auch stabil und
kompakt, wenn er aus der Sitzmeditation kommt, da ihn nichts mehr von seiner inneren Ausrichtung abbringen kann.
... Er fühlt sich völlig gesättigt und zufrieden. Durch das kompakte innere Empfinden von Einheit und Sammlung hinterlassen alltägliche Gedanken und Gefühle wenig Eindruck. In dieser Verfassung verlangt es den Geist nicht danach an irgend etwas zu denken. Vollkommen zufrieden in sich selbst, empfindet man keinen Mangel.
Hier besteht die große Gefahr, so Maha Bua, dass der Sucher von dieser sublimen Ruhe abhängig wird. Nur tiefere Erkenntnis kann die innere Entwicklung weiter reifen lassen, sonst würde hier eine Sackgasse entstehen. Der nächste Entwicklungschritt erforderte zwangsläufig diese tiefere Erkenntnis. Ajahn Maha Bua berichtet, dass er seine Anstrengungen verstärkte und ganze Nächte hindurch im Samadhi saß. Dazu kam es, weil er in einer Nacht erlebte, dass sein ganzer Körper von starken Schmerzen durchdrungen war, als er nach einigen Stunden aus der Versenkung kam. Diese Schmerzen waren so heftig, dass sie fast nicht auszuhalten waren:
„Plötzlich war das Bewusstsein, Citta, aus seinem guten, starken Fundament geworfen und der ganze Körper war so voller quälender Schmerzen, dass er von oben bis unten zitterte.“
Dieser heftige Schmerz war unausweichlich und Maha Bua spürte direkt in die unangenehmen Empfindungen hinein. Dabei fasste er den feierlichen Entschluss, nicht vor Morgenanbruch aufzustehen und den Schmerz zutiefst zu erforschen. Diese Übungen sind ein integraler Bestandteil der Theravada-Schule und Maha Bua hat sicher theoretisch davon gewusst.
„Bis zu dieser Erfahrung, die mich so in die Zange nahm, so dass ich keinen Ausweg wusste, hätte ich mir nie träumen lassen, wie scharf und eindringlich die ‚Weisheit’ werden könnte.“
,Weisheit’ ist ein fester Terminus in dieser Schule mit einer eigenen Bedeutung. Neben der Sammlung ist ‚Panna’, Weisheit etwa mit Einsichtsfähigkeit zu übersetzten, ein meditativer Spürsinn, der weit über dem üblichen Durchschnitt liegt.
„Die Erfahrung überzeugte mich, dass in Momenten echter Krise ‚Weisheit’ entsteht, um der Herausforderung gerecht zu werden. ... Das geschah in jener Nacht...die Achtsamkeit und die ‚Weisheit’ bohrten sich in diese schmerzhaften Empfindungen.“
Anfangs waren die schmerzhaften Gefühle noch milder, steigerten sich aber zunehmend:
„Es fühlte sich an, als ob jeder Knochen in meinem Körper bersten wollte, als ob der Hals brechen und der Kopf auf den Boden rollen würde. Wenn alle Teile des Körpers auf einmal schmerzen, weiß man nicht, wie man es anfangen soll, dieser Schmerzflut zu begegnen, um überhaupt atmen zu können.
Diese Krise ließ keine Alternative, als sich mit Achtsamkeit und ‚Weisheit’ in den Schmerz ‚hinein zu graben’, um genau die Stelle zu finden, wo er am heftigsten war. ... ‚Woher kommt dieser Schmerz? Wer erleidet diese Pein?’
Systematisch durchkämmte Maha Bua seinen Körper, Stück für Stück. Dabei wurden ihm drei Elemente bewusst, der Körper, der Schmerz und das Bewusstsein, Citta, das trotz des heftigen Schmerzgefühls in sich ruhig und unberührt blieb. Es wurde deutlich, dass der Geist dem Schmerz das Etikett ‚Schmerz’ verlieh:
„Der Schmerz war weder ein integraler Teil des Körpers noch von Citta. Sobald dies ganz klar wurde, verschwand der Schmerz in einem Nu! Da war der Körper einfach der Körper ... der Schmerz einfach ein Gefühl, das in einem Augenblick direkt in Citta verschwand. ... Zusätzlich verschwand der ganze physische Körper aus dem Gewahrsein. ... Nur ein einfaches harmonisches Bewusstsein blieb, ganz für sich. Das war alles. Das Citta war so unglaublich verfeinert, dass es nicht zu beschreiben ist. Alles Denken hatte aufgehört, der Geist formte nicht einen Gedanken ... nicht die geringste Bewegung (störte) die innere Stille. ... Die erkennende Gegenwärtigkeit blieb ganz allein übrig, als ob sie mitten in der Luft schweben würde. Sie war total leer und gleichzeitig pulsierend gewahr. Da die physischen Elemente nicht mit Citta reagierten, hatte Citta kein Empfinden vom Körper. Diese erkennende Gegenwart war ein reines, solitäres Gewahrsein, das von nichts abhängig war. Das war überwältigend, majestätisch und wahrlich großartig.“
Dieses subtile Gewahrsein hat absoluten Charakter und war, so Maha Bua das Einzige, was nicht verschwinden konnte. Er erkannte, dass durch spirituelles Unwissen, durch Unbewusstheit dieses Vermengen von Bewusstsein, Körper und Schmerz geschehen war. Der Schmerz kam später noch zweimal in dieser schicksalshaften Meditation zurück und neue Wege, ihm zu begegnen wurden gefunden. Nachdem dies dreimal geschehen war:
„Es dämmerte ... Citta kam mutig, voller Freude und völlig frei von Furcht (aus diesem Kampf) hervor. In jener Nacht verschwand die Angst vor dem Tod.“
„Das Problem liegt darin, dass Samadhi so friedvoll und erfüllend ist, dass der Meditierende unweigerlich davon abhängig wird. Das passierte mir auch: Fünf Jahre lang hing ich an der Ruhe von Samadhi in einem Ausmaß, dass ich diese Stille für die Essenz von Nibbana (Pali für Nirwana) hielt. Erst als mein Lehrer, Ajahn Mun mich zwang, diesem Irrtum ins Auge zu sehen, konnte ich weiterschreiten zu der Übung der ‚Weisheit'.“
Auch Sri Ramana hat seine fortgeschrittenen Schüler davor gewarnt, in konzentrierten, aber trance-ähnlichen Zuständen‚ hängen’ zu bleiben, da sich Ego nicht auflösen kann, wenn
es nur latent wird. In einem Fall ließ er einen solchen ‚trance- süchtigen’ Meditierenden von zwei Schülern begleitet umhergehen, da die Sackgasse dieser Zustände eindeutig war.
Die Einsichtsmeditation, die Maha Bua nun begann, war schon in den intensiven Schmerzerfahrungen entwickelt worden.
Nun wurde sie systematisch verfeinert, um diesen Egokern, der in der Konzentration latent bleibt, mit einzubeziehen. Die Übung heißt ‚Ashuba’ und besteht darin, den ganzen physischen Leib mit der geschärften Konzentration im Empfinden und mit Hilfe von entsprechenden Vorstellungen auseinander zu nehmen und zu untersuchen.
„...Ist unser Leib wirklich das, was wir immer geglaubt hatten –
ein integraler und wünschenswerter Teil dessen, was wir sind? Um dies zu überprüfen, müssen wir den Körper gründlich untersuchen, indem wir ihn mental Stück für Stück auseinander nehmen.“
Die Erfahrungen sind zuerst sehr ernüchternd, ‚ent-täuschend’:
„... Nicht das winzigste Bisschen Schönheit kann man in einem menschlichen Körper finden. Er ist nichts als ein Sack aus Fleisch, Blut und Knochen, der es schafft, jedem auf der Welt etwas vorzumachen und ihn dazu bringt, danach zu gieren.
Die Aufgabe der ‚Weisheit’ liegt darin, diesen Betrug aufzudecken. Prüfe die Haut sorgfältig. Sie ist ein großer Betrüger. Da sie den Körper umhüllt, ist sie offensichtlich. Aber was umgibt sie tatsächlich? Sie verbirgt Fleisch, Muskeln, Flüssigkeiten und Fett. Sie umhüllt das Skelett mit den Sehnen...
Die Wahrheit ist, das dieses Wunschobjekt ‚Körper’ ein totaler Betrug ist. Denn wenn wir ihn mit ‚Weisheit’ klar und deutlich erleben, ist seine wahre Natur abstoßend, statt anziehend. Wenn die Täuschung im Licht der Weisheit enthüllt wird, zeigt sich eine detaillierte Sicht, die erschreckend ist."
Jeder, der schon einmal einer Leichensektion zugesehen hat, weiß, was gemeint ist. Wie später berichtet wird, bleibt Maha Bua allerdings nicht in dieser Ablehnung stecken, sondern geht darüber hinaus in einen Gleichmut, sobald das Bewusstsein selbst erforscht wird. Der Prozess, so berichtet Ajahn Maha Bua, ist sehr intensiv und kann Monate in Anspruch nehmen. Wichtig sei dazu die Balance mit der früher entwickelten Samadhi-Praxis, um diese intensive Erforschung mit dem ‚kühlen, gesammelten und erfrischenden Frieden der Stille’ auszugleichen. Maha Buas Einsicht ist scharf umrissen und wird vielleicht manchen nicht leicht verdaulich sein:
„Den Körper zu betrachten ist äußerst wichtig. Die meisten unserer Wünsche sind mit ihm verknüpft. Wenn wir uns umsehen, erblicken wir eine Welt, die sich in den Klauen von sexuellem Verlangen befindet und wie außer sich die menschliche Form anbetet. Als Meditierende müssen wir den Herausforderungen unserer Sexualität ins Gesicht sehen, die aus einem tief verwurzelten Verlangen nach sinnlicher Befriedigung stammt. Diese Unreinheit ist das bedeutendste Hindernis für unseren Fortschritt. Dies wird immer offensichtlicher, je tiefer wir in der Körperbetrachtung voranschreiten. Kein anderes Kilesa (mentale Unreinheit, ähnlich den Vasanas in der indischen Terminologie) zerrt mehr an dem Geist und übt mehr Macht aus, als diese Gier des sexuellen Verlangens. Da sie im Körper verwurzelt ist, wird ihr fester Griff sich allmählich lösen, wenn die wahre Natur des Körpers offenbar wird."
1.) http://www.dhammatalks.net/Books2/Maha_Boowa_The_Path_to_Arahantship.pdf
(wird fortgeführt)